Freitag, 24. April 2020

Unsere aktuellen Schreiben an Bürgermeister Michael Ludwig und Gesundheits- und Sozialminister Anschober

Und weil wir Transparenz lieben, hier unsere Schreiben an Bürgermeister Dr. Michael Ludwig und Gesundheits- und Sozialminister Anschober zum Nachlesen:


Herrn Bürgermeister
Dr. Michael Ludwig
Wiener Landesregierung
Lichtenfelsgasse 2/Stg. 5/ 1. Stock
1010 Wien
per E-Mail: michael.ludwig@wien.gv.at
Wien, am 17.04.2020
Sehr geehrter Herr Bürgermeister!
Wir haben uns Ihre Programmpunkte für Wien 2020 durchgelesen und sind im Allgemeinen doch sehr zufrieden damit.
Leider können wir absolut NICHTS zu uns und unseren Kindern in diesem Programm entdecken. Kinder mit Behinderungen, chronischen und/oder psychischen Erkrankungen, die meist über viele Jahre zu Hause und überwiegend von den Eltern, gepflegt und / oder betreut werden.
Es geht um den Bereich Pflege, Betreuung und Hauskrankenpflege für chronisch Kranke und junge Erwachsene mit Behinderungen. Aber auch in anderen Bereichen können wir nichts zum Thema Menschen mit Behinderungen finden. Das ist sehr, sehr schade, wäre aber unendlich wichtig.
Wir können nicht nachvollziehen, warum man die Themen pflegende Angehörige und Menschen mit Behinderungen in einer Partei wie der Sozialdemokratischen, nicht aufnehmen kann.
Mehrfach haben wir auf unsere Situation aufmerksam gemacht. Leider scheinbar weiterhin ohne Erfolg. Wir vertrauen darauf und hoffen, dass Sie Herr Bürgermeister, uns Ihre Unterstützung geben und sich für uns parteipolitisch einsetzen.
Von Seiten der Bundes-SPÖ wurden wir ja bereits als „Einzelfälle“ „abgeschrieben“. Nun lieber Herr Bürgermeister haben wir so sehr auf Sie gezählt und gehofft.
Wir wissen, dass es uns in Wien derzeit, als Eltern und pflegende sowie betreuende Angehörige , die ihre Kinder mit Behinderungen, chronischen und/oder psychischen Erkrankungen , im Gegensatz zu anderen Bundesländern, sehr gut geht.
Wir hören keine Statements Ihrerseits oder seitens der Partei, wie man zu Menschen mit Behinderungen und pflegenden Angehörigen wirklich steht. Hie und da mal ein Bildchen von Ihnen oder Peter Hacker in einer Behinderteneinrichtung oder mit Menschen mB ist ehrlich gesagt zu wenig, das hilft uns nicht weiter.
Wie bereits auf der Bezirkskonferenz berichtet, hört man, wenn es um das Thema Pflege geht, immer nur von der „Altenpflege“.
Gerade jetzt in Zeiten von Corona kann man sehr gut mitverfolgen, wie unsere Kinder und auch wir, von der derzeitigen Bundesregierung völlig ignoriert werden bzw. immer auf die letzten Plätze verwiesen werden.
Unsere „Kinder“ waren die Letzten, die durch das Schließen bzw. den Notbetrieb in Tagesstrukturen, Werkstätten und auch IBA und ÜBA Lehrstellen, „geschützt“ wurden.
Weiters sind Eltern in der Zeit von Corona in den Spitälern mit ihren Kindern mit Behinderungen durch Odyseen gegangen. Es gab keine Auskünfte für diese Eltern, man hat sie kläglich im Stich gelassen. Diese Menschen, die sowieso schon aufgrund ihrer Beeinträchtigungen massive Probleme im Alltag haben, bekamen absolut KEINE Unterstützung und wurde ihnen auch die Unterstützung durch Angehörige verwehrt.
Wenn sie nun das Glück hatten, zu Hause gepflegt und betreut zu werden, dann meist durch ihre Angehörigen. Man beklatscht in Zeiten wie diesen, alle Helden des Alltags. Wann klatscht man für pflegende Angehörige? Man geht immer davon aus, dass das „eh selbstverständlich ist“, dass man seine Angehörigen pflegt und betreut. Sowieso, aber dann diese Gruppe hängen zu lassen und zu ignorieren, dass zeigt nicht gerade von „uns sind ALLE Menschen wichtig“, „halten wir zusammen“, „gemeinsam sind wir stärker“, denn hier hört die Gemeinsamkeit scheinbar auf.
Man weiß, dass die Pflege und Betreuung zu Hause wesentlich günstiger kommt (Beatmungskind zu Hause kostet rund EUR 6.000,-, selbiges in einer Einrichtung rund EUR 22.000,-). Selbst die Bundesregierung hat dies schon verstanden. Es gibt weder die Plätze, noch die finanziellen Ressourcen um ALLE auswärts zu pflegen und zu betreuen. Außerdem ist es sehr unfair, wenn man auf dem Rücken der Betroffenen Arbeitsplatzbeschaffung betreibt. Es ist allgemein bekannt, dass wir zu wenig Pflegepersonal haben, darum ist es unbegreiflich, dass man Angehörige, die das System mit aufrecht erhalten, hier gegen das Pflegesystem ausspielt, anstatt diese miteinzubeziehen. Durch den Pflegemangel, Corona hat es uns jetzt gezeigt, sieht man erst, wie wichtig Angehörige bei der Pflege und Betreuung sind. Trotzdem werden uns massive Steine in den Weg gelegt und diese Gruppe ignoriert. Jetzt zu Zeiten von Corona, aber auch sonst, werden kaum Hilfen für zu Hause angeboten. Unsere Kinder und somit auch wir, gehören zur Hochrisikogruppe.
Wir hoffen, dass unsere Gruppe nicht nur für die Wahl wichtig ist, sondern wir brauchen dringend eine Stimme, einen Unterstützer, für unsere Kinder mit Behinderungen und für uns als pflegende und betreuende Angehörige.
Unser Wien ist durch Sie lebenswerter geworden und wir bitten Sie auch für uns Verantwortung zu übernehmen und uns Platz und Gehör zu bieten.
Wir wissen natürlich, dass Sie lieber Herr Bürgermeister, nichts für die Bundesregierung können.
WIR brauchen IHRE Unterstützung! Angesichts der Wien-Wahl wäre es vielleicht eine Überlegung wert UNS und unsere KINDER endlich zum Thema zu machen.
Kinder, die es nicht immer leicht haben, die tagtäglich vor extremen Herausforderungen stehen, nämlich nicht nur VOR, WÄHREND, sondern auch NACH Corona, müssen endlich in der Gesellschaft „thematisch ankommen“. Gerade in einer Weltstadt wie Wien sie doch ist.
Hierzu benötigt es IHRE Unterstützung!
Es gibt sehr viel aufzuzeigen, was auch in Wien schief läuft, aber in anderen Bundesländern extrem ausartet.
Auf Bundesebene können Sie, lieber Herr Bürgermeister, natürlich derzeit nicht viel tun, aber Sie können Vorreiter werden und aufzeigen, wie es gehen kann.
18% an MmB gibt es derzeit österreichweit
rund 960.00 pA gibt es derzeit österreichweit
die Dunkelziffer ist sicher größer, da es nicht nur um pflegerische sondern auch um betreuende Maßnahmen geht. Unsere haben Sie.
Diese Menschen sind Wähler. Sie zu ignorieren wäre sehr schade, insbesondere, wo Sie doch immer wieder schreiben und mitteilen, dass es bei der Wien-Wahl um jede Stimme geht.
Wir wären sehr froh und dankbar, wenn man uns endlich Gehör verschafft uns eine Stimme gibt und uns nicht weiter gesellschaftlich, politisch und sozial ausschließt.
In der Hoffnung auf eine ehrliche und offene Rückmeldung Ihrerseits
verbleiben wir mit freundlichen Grüßen
Claudia Sengeis
Jasmina Urosevic u.a.
Eltern, die ihre „Kinder“ pflegen und betreuen
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Herrn Gesundheits- und Sozialminister
Rudolf Anschober
Bundesministerium für Soziales, Gesundheit,
Pflege und Konsumentenschutz
Stubenring 1
1010 Wien
per E-Mail: post@sozialministerium.at
Wien, am 23.04.2020
Sehr geehrter Herr Minister Anschober!
Wir wissen, dass sie durch die Corona-Pandemie massiv unter Druck stehen und tagtäglich wichtige Entscheidungen treffen müssen.
Nichts desto trotz müssen wir traurigerweise feststellen, dass Kinder mit Behinderungen, chronischen und/oder psychischen Erkrankungen, bei allen Maßnahmen in der Corona-Krise vergessen wurden bzw. ganz hinten angestellt wurden.
Ferner haben wir nun gehört, dass das Thema Pflege, dass eigentlich 2020 zum Thema des Jahres hätte gemacht werden sollen, wieder verschoben wurde.
Aber genau durch diese Krise sollte eigentlich klar gestellt sein, wie wichtig nicht nur gute Pflegekräfte sind, sondern auch die rund 960.000 pflegenden Angehörigen.
Viele unserer „Kinder“ werden jetzt 24 Std. täglich von uns betreut und gepflegt. Viele Therapien fallen weg, die Schulen, Kindergärten, Tagesstrukturen und Werkstätten fallen weg, wenn die Eltern keiner Arbeit nachgehen.
In Wien können Eltern den Beitrag für die Tagesstrukturen zurückfordern. In Vorarlberg z. B. geht das. lt. einer betroffenen Mutter, nicht.
Der Bereich Pflege, Betreuung und Hauskrankenpflege für chronisch Kranke und junge Erwachsene mit Behinderungen kommt weiterhin bis gar nicht jetzt in der Krise vor. Die Betroffenen fühlen sich zunehmend alleine gelassen. Und obwohl Vereine wie BIZEPS, Lebenshilfe, der Monitoring Ausschuss Tirol, der Behindertenrat, etc. laut aufschreien und um Einbindung bitten, werden selbst diese ignoriert.
Wir können nicht nachvollziehen, warum man die Themen pflegende Angehörige und Menschen mit Behinderungen partout nicht auf dem Bildschirm bringt. Wir sind da! Eigentlich hätten wir schon auch das Recht, dass man unsere Belange mit einbindet. Denn Sie sind doch auch UNSERE Regierung? Sie sind doch auch UNSER Gesundheits- und Sozialminister?
Derzeit wird darüber diskutiert, dass man besseres und mehr Pflegepersonal benötigt um das System aufrecht erhalten zu können.
Werden wir hier gegen das Pflegesystem ausgespielt? Es kommt uns so vor, da wir in der Pflege zu Hause scheinbar keine Probleme haben. Zumindest spricht man es seitens der Bundesregierung nicht an.
JETZT zu Zeiten von Corona, ABER AUC H SONST, werden kaum Hilfen für zu Hause angeboten. Unsere Kinder und somit auch wir, gehören zur Hochrisikogruppe.
Wir bitten Sie auch für uns Verantwortung zu übernehmen und uns Platz und Gehör zu bieten.
Kinder, die es nicht immer leicht haben, die tagtäglich vor extremen Herausforderungen stehen, nämlich nicht nur VOR, WÄHREND, sondern auch NACH Corona, müssen endlich in der Gesellschaft „thematisch ankommen“. Bei der Auftakt-PK, durften wir uns zwar zum Thema machen, werden aber seit dem wieder ignoriert.
Es benötigt hier DRINGEND IHRE Unterstützung! Auch wenn Ihr Koalitionspartner uns nicht zum Thema machen möchte, dass wissen wir aus persönlichen Gesprächen, ersuchen wir SIE, Herr Minister, UNS und UNSERE Kinder zum Thema zu machen!
Nach wie vor gibt es nur ein Thema, nämlich die „Altenpflege“. Jetzt erst werden die Pflege- und Betreuungseinrichtungen für Senioren getestet. Wann werden Behinderteneinrichtungen gestestet? Gar nicht? Gibt es doch eine Triage in Österreich?
Leider scheinbar ja, wie uns eine Mutter berichtet hat, denn sie hat es mit ihrer mehrfachbehinderten Tochter noch VOR Corona selbst miterlebt (Thema Intensivbett).
Ein großes Problem ist nach wie vor, dass alle Länder hier eigenmächtig agieren dürfen. Zum Glück für die Wiener Bevölkerung. Wir hatten uns gewünscht, dass die Kritärien allgemein für alle nach dem Wiener Vorbild umgesetzt werden, denn hier arbeiten SPÖ und die Grünen wunderbar zusammen.
Leider gehen wir davon aus, dass man uns jetzt noch mehr ignoriert und mit Kürzungen bei uns und unseren Kindern beginnen wird, da ja nach der Krise wieder gespart werden wird.
18% an MmB gibt es derzeit österreichweit
rund 960.00 pA gibt es derzeit österreichweit
die Dunkelziffer ist sicher größer, da es nicht nur um pflegerische sondern auch um betreuende Maßnahmen geht.
Wir haben natürlich vollstes Verständnis, dass es derzeit kein persönliches Gespräch gibt, aber nichts desto trotz sind wir weiterhin vorhanden und benötigen Unterstützung.
Wie wird es weitergehen für uns? Worauf müssen wir uns einstellen? Werden unsere Kinder mit Masken in den Kindergärten, Schulen, Tagesstrukturen, Werkstätten, etc. antreten müssen?
Was passiert nach der Krise? Wird man daraus gelernt haben und auch MmB und pflegende Angehörige im System ankommen lassen und diese miteinbeziehen oder werden wir noch mehr entmündigt und ignoriert?
Viele haben jetzt ihre Jobs verloren, viele haben Angst, dass sie ihre Mieten nicht mehr bezahlen können und oft keine Ahnung, wie sie den täglichen Lebensunterhalt bestreiten sollen. Das wissen wir, denn wir befinden uns mitten unter ihnen. Auch unter unseren Eltern macht man sich Sorgen über Arbeitsplätze. Was wird mit der Qualität der Tagesstrukturen, wenn Betreuer gekündigt werden? Werden kleine Tagesstrukturen die Krise überstehen? Wobei es uns hier nicht darum geht, dass wir unsere Kinder wieder schnellstmöglich irgendwo abstellen können, sondern einzig darum, dass viele von ihnen dann noch weniger Möglichkeit zu sozialen Kontakten hätten, doch sind diese auch für unsere Kinder sehr wichtig.
Wir wissen, dass es solch eine Krise bei uns bisher nicht gab und daraus auch vieles erst gelernt werden muss, aber BITTE vergessen Sie dabei nicht auf die „Pflege daheim statt im Heim“, auf pflegende Angehörige, insbesondere auch die Eltern, die ihre Kinder pflegen und betreuen und natürlich auf die Betroffenen selbst!
In der Hoffnung auf eine ehrliche und offene Rückmeldung Ihrerseits
verbleiben wir mit freundlichen Grüßen
Claudia Sengeis
Jasmina Urosevic u.a.
Eltern, die ihre „Kinder“ pflegen und betreuen