...welches trotz vieler Stellungnahmen von Vereinen, dem ÖBR und Organisationen gegen die geplante Verschärfung, nun mit 1. Juli bereits in Kraft treten soll. Es geht, wie immer, ums liebe Geld!
Angehörige applaudieren, weil die Vertretung nun für 5 statt für 3 Jahre gelten soll.
ABER, was bedeutet dies für Betroffenen?
Man muss sich einfach nur fragen, ob man das für sich selbst, wenn es einem selbst betreffen würde, wollen würde. 🤔
Wohl eher NICHT!
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Erwachsenenschutzgesetz bisher vs. Sachwalterschaftsgesetz (die verschärfte neue Gesetzeslage, die bereits mit 1. Juli 2025 in Kraft treten wird)
Bisher:
Max. 3 Jahre Vertretung inklusive Neubewertung nach diesen 3 Jahren bzw. automatischer Auflösung nach Zeitablauf
Verpflichtendes ! Clearing sowie die Möglichkeit eines Clearing Plus (insbesondere für Menschen mit psychischen Erkrankungen) sind wichtig und richtig um tatsächliche Bedarfe abzufragen und Selbstbestimmung zu gewährleisten.
Auch das benötigte ärztliche Attest, welches alle 3 Jahre erneuert werden muss, ist notwendig um den tatsächlichen Zustand eines Betroffenen zu beleuchten.
Die 3-jahres-Frist ist sowohl für den Betroffenen, aber auch für den Vertreter eine Qualitätssicherung und Kontrolle, ob und in welcher Weise eine Vertretung weiterhin notwendig scheint oder eben nicht.
Das MUSS die Möglichkeit zu geben hier die Selbstbestimmung entfalten zu können ist unbedingt positiv zu bewerten, weil der Betroffene Hilfe zur Selbsthilfe und Selbstführsorge in vielen Fällen (aber natürlich nicht in allen - insbesondere bei schwerer Mehrfachbehinderung und schwerer Intelligenzminderung) erlernen und erlangen kann.
NEU:
Die Ausweitung der Befugnisse, voraussichtlich notwendige fehlende Clearingverfahren und Dauer der Erwachsenenvertretung (5 Jahre) ist mit dem alten Sachwalterschaftsgesetz zu bewerten und entspricht in keinem Fall der UN-BRK, ist also auch EU-rechtlich mehr als fragwürdig.
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Beispiel 1:
Herr X ist hat durch ein Clearing für sich selbst eine Erwachsenenvertretung beantragt, weil er in finanziellen Belangen aufgrund seiner psychischen Erkrankung und einer leichten Intelligenzminderung nach dem Tod der Mutter, die ihn bis dahin unterstützt hat, gerade überfordert ist.
Er hat nun 3 Jahre Zeit sich zu erholen, zu sammeln um danach wieder selbstständig seine finanziellen Belange erledigen zu können. Während dieser Zeit ist seine Erwachsenenvertretung verpflichtet bestmöglich für den Herrn die finanziellen Belange zu ordnen, evtl. Schulden und offene Forderungen zu tilgen und für ihn sämtliche Kosten abzudecken. Einnahmen und Ausgaben müssen genau gelistet sein.
Herr X freut sich schon, wenn die 3 Jahre um sind und er wieder selbstständig für seine Belange Verantwortung übernehmen kann.
Mit dem verschärfen Gesetz hätte Herr X jetzt kein Clearing, keine Möglichkeit seine Sicht der Dinge darzustellen und wäre nach so langer Zeit auch fraglich, in wie weit seine Selbstständigkeit, sein Selbstwertgefühl es zulassen würde, überhaupt noch für sich selbst einstehen zu können. Auch wäre die bisherige verpflichtende Zusammenarbeit zwischen Vertreter und Vertretenem massiv gefährdet und vermutlich sehr eingeschränkt.
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Beispiel 2:
Herr Y steckt in einer Psychose, es liegt eine jahrelange psychische Erkrankung vor. Eine Vertretung steht im Raum, doch kann in Zusammenarbeit aller Beteiligten dies dann doch noch dank Clearing verhindert werden.
Durch die Verschärfung des Erwachsenenschutzgesetzes wäre dies nicht mehr möglich und Herr Y wäre einer Vertretung ausgesetzt, die er 5 Jahre lang hinnehmen müsste ohne jegliche Möglichkeit sich dieser wieder zu entziehen. Gerade bei psychischen Erkrankungen und Belastungen kann eine Besserung auftreten und wäre eventuell schon nach kurzer Zeit eine Vertretung nicht mehr nötig. Herr Y müsste diese 5 Jahre dann zwangsweise durchstehen, eine Besserung der psychischen Gesundung stünde diese Einschränkung dann durchaus im Wege. Selbsthilfe, Selbstständigkeit, Selbstwertgefühl und Selbstbestimmung wären durchaus in Gefahr bzw. nicht gegeben.
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Beispiel 3:
Herr Z ist schizophren und in allen Belangen vertreten. Er lebt alleine , bekommt 3x täglich Unterstützung zu Hause. Er ist sich uneins mit seiner Vertretung, es gibt Probleme . Er kann aber nach 3 Jahren durch ein Clearing für seine Belange einstehen und mitteilen wo die Schwierigkeiten sind und auch eine andere Vertretung beantragen bzw. evtl. auch nur noch für bestimmte Belange einfordern.
Mit dem verschärfen Gesetz und ohne Clearing hätte er keine Möglichkeit sich dagegen zu wehren. Seine Selbstbestimmung wäre außer Kraft.
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Beispiel 4:
Herr A ist Neurodivergent und hat eine leichte Intelligenzminderung. Aufgrund seiner Behinderung und seiner zusätzlichen psychischen Erkrankung bekommt er eine Erwachsenenvertretung. Sein Zustand kann sich durch Therapie und Medikamenten Einnahme durchaus verbessern und ist es dann auch möglich für ihn für sich selbst zu entscheiden und für sich selbst wieder einzustehen. Er könnte seine Selbstbestimmung wieder vollkommen zurück erlangen.
Durch die Verschärfung des Gesetzes und fehlenden Clearing Maßnahmen wäre er zumindest 5 Jahre an seine Vertretung gebunden und ein selbstbestimmtes Leben für ihn nur sehr schwer machbar. Insbesondere, weil auch Angehörige in diesem Fall mitmischen und Herrn A erklären was für ihn das Beste sei.
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Beispiel 5:
Herr B hat Angst vor einer Vertretung seitens Angehöriger, weil diese ihm regelmäßig damit drohen. Er hat Epilepsie, scheinbar Lernschwierigkeiten, in jedem Fall ist er durch die familiere Situation schwerer psychischer Belastung ausgeliefert. Ohne Clearing, durch die Verschärfung des Erwachsenenschutzgesetzes, wäre Herr B, vermutlich über viele Jahre, seinen Angehörigen ausgeliefert und hätte keine Möglichkeit auf Selbstbestimmung. Seine psychischen und gesundheitlichen Probleme würden sich wohl verstärken und seine eigentliche Selbstständigkeit gefährden.
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Die Begründung dafür liegt einzig darin, dass das Budget in Österreich saniert werden müsse. Es geht einzig und allein ums liebe Geld.
Anwälte können wieder gegen ihren Willen zu Vertretungen gezwungen werden, es gibt weniger Geld für Clearings und werden somit viel weniger Clearings stattfinden oder gar nicht stattfinden.
5 Jahre Vertretung, ohne Möglichkeit diese vorzeitig wieder los zu werden. 5 Jahre ohne Selbstbestimmung, denn die wird auf der Strecke bleiben. Aber das Budget muss saniert werden, da haben Rechte und Selbstbestimmung scheinbar keinen Platz. 😭
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